Die Anwendung von neurowissenschaftlichen Kenntnissen bei Online-Shops gewinnt immer mehr an Bedeutung. Dies wurde u.a. beim diesjährigen Neuromarkting Kongress sowie am vor kurzem erschienenen Buch „Neuromarketing im Internet“ von Ralf Pispers und Johanna Dabrowski deutlich.

Genau aus diesem Grund möchte ich mich bei ThinkNeuro! mit dieser Thematik etwas näher auseinandersetzen. Es stellt sich hierbei vor allem die Frage, ob die Anwendungsmöglichkeiten des Neuromarketings beim stationären Handel auch auf den Bereich der Online-Shops übertragen werden können.

Emotionen und Empathie auch im Online-Handel?

Grundlegend gilt, dass Emotionen und Empathie nicht nur im stationären Handel eine sehr wichtige Rolle spielen, sondern auch bei Online-Shops. Nur wenn Emotionen ausgelöst und Empathie vermittelt wird, kann von einer Response des Internetnutzers ausgegangen werden.  In der heutigen Zeit vermitteln allerdings nur wenige Shops Emotionen und Empathie. Dies liegt vor allem daran, dass es schwer ist allein durch Texte und Bilder Emotionen zu wecken. Zudem kommt hinzu, dass Emotionen nur schwer aktualisiert und gewartet werden können. Und ohne Emotionen gibt es auch keine Empathie. Wenn es zu einer Response des Internetnutzers kommen soll, ist neben dem Wecken von Emotionen und der Vermittlung von Empathie auch das Feuern von Spiegelneuronen wichtig. Jedoch wird ihnen derzeit im Word Wide Web ebenfalls nur wenig Beachtung geschenkt.

Der Faktor Mensch

Ein wichtiges Instrument zum Auslösen von Emotionen, der Vermittlung von Empathie und dem Feuern von Spiegelneuronen im Bereich der Online-Shops ist der Mensch. So wie er es im stationären Handel schafft, auf die individuellen Wünsche des Kunden einzugehen und mittels Emotionen, Empathie und Spiegelneuronen eine Response zu erzeugen, so kann er dies auch im Internet schaffen.

Multisensorik bei Online-Shops

Nach neusten Erkenntnissen des Neuromarketings kann dies durch eine multisensorische und individuelle Ansprache erzielt werden.

Multisensorisch heißt, dass dieselbe Botschaft zeitgleich über die unterschiedlichsten Wahrnehmungskanäle (Audio, Video, Animation) übermittelt wird. Ziel ist hierbei, den Konsumenten direkt anzusprechen und bei ihm einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen.

Die zeitgleiche Übermittlung einer bestimmten Markenbotschaft über die verschiedensten Sinneskanäle führt zu einem neuronalen Verstärkungsmechanismus. D.h., dass wir die Markenbotschaft bis zu zehn Mal stärker erleben, als wenn wir die Markenbotschaft über lediglich einen einzelnen Sinneskanal übermittelt bekommen. Daher gewinnt die multisensorische Ansprache bei Online-Shops auch zunehmend an Bedeutung. Dies erfolgt natürlich in Zusammenarbeit mit dem Faktor Mensch in Form von Video-Interfaces mit realen Moderatoren. Sie kommen der natürlichen Kommunikation des Menschen am nächsten und führen durch ihre Gestik und Mimik dazu, dass Emotionen geweckt, Empathie vermittelt und Spiegelneuronen gefeuert werden.

Es führt allerdings nicht nur die Multisensorik allein zu einer stärkeren Behaltensleistung, sondern auch interaktive Video-Interfaces. Durch das Involvieren der Konsumenten, erfolgt eine noch stärkere Behaltensleistung als bei statischen oder nicht interaktiven multisensorischen Ansprachen. Weiterhin lösen multisensorische Webseiten und eine persönliche sowie direkte Ansprache des Konsumenten einen viel höheren Grad an emotionaler Aktivierung aus. Hierdurch wird eine größere Kaufbereitschaft erzielt, welche sich in Form einer positiven Steigerung der Response- und Conversionrate äußert. Und genau dieses Ziel streben Online-Händler an.

Resümee:

Auf meine zu Anfang des Beitrags gestellte Frage, ob sich die Anwendungsmöglichkeiten von neurowissenschaftlichen Kenntnissen im stationären Handel auf den Online-Handel übertragen lassen, kann nach ausgiebiger Auseinandersetzung in den vorherigen Abschnitten mit „Ja“ geantwortet werden.

So ist zu erkennen, dass in der Off- und Onlinewelt der Faktor Mensch beim Verkaufen von Produkten eine sehr wichtige Rolle spielt. Er schafft es Emotionen zu wecken, Empathie zu vermitteln und unsere Spiegelneuronen zum Feuern zu bringen. Dies sind alles Faktoren die im limbischen System zur Aktivierung unseres Belohnungssystems (Nucleus Accumbens) und der Amygdala führen, wobei letzeres sich u.a. an der emotionalen Bewertung von Objekten beteiligt. Beide zuvor genannten Bereiche spielen eine zentrale Funktion bei unseren Kaufentscheidungen.  Daher müssen auch genau diese Bereiche im Online-Handel beim Konsumenten angesprochen bzw. aktiviert werden. Und genau das lässt sich, wie bereits zuvor beschrieben, durch (interaktive), individuelle und multisensorische Ansprachen mithilfe von realen Moderatoren erzielen.

Quelle: Pispers, Ralf; Dabrowski, Johanna; Neuromarketing im Internet, 2011, S. 21, 24, 35, 39, 73-76, 91, 103, 113-115

Titelbild: Pixabay




 
 

Über die Autorin

Autorin von ThinkNeuro! ist Olivia Shepherd. Innerhalb ihres Blogs beschäftigt sie sich mit nahezu allen Facetten des Neuromarketings, der Usability sowie der User Experience. Derzeit ist sie als Usability & UX Consultant bei einer Online-Agentur tätig.