Wer Neuromarketing betreibt, muss selbstverständlich auch über die wichtigsten Gehirnbereiche informiert sein. Vor allem über die Bereiche, die an den Kaufentscheidungen beteiligt sind. Das allgemeine Wissen über die Funktionen einzelner Gerhinbereiche ermöglicht es bei Hirnscans festzustellen, welcher Bereich gerade aktiviert ist und welchen Beitrag er zu einer bestimmten Aufgabenstellung oder eines Versuchs leistet.
Nachfolgend soll sich nun näher mit dem Aufbau des menschlichen Gehirns beschäftigt werden.
Grob gesehen lässt sich das Gehirn in drei Zonen einteilen. Der Neokortex, das Großhirn, nimmt dabei den größten Bereich ein. Direkt darunter liegt das limbische System, welches dem Groß – und dem Zwischenhirn zuzuordnen ist. Die letzte „Zone“ bildet das links vom Kleinhirn befindliche Stammhirn (auch Hirnstamm genannt).
Der Neokortex (das Großhirn oder auch “The new brain” genannt)
Gerade wurde schon darauf hingewiesen, dass der Neokoretx den größten Bereich des Gehirns einnimmt. Nicht nur dort nimmt er einen großen Bereich ein, sondern auch im Neuromarketing. Wie die unten stehende Abbildung zeigt, wird der Neokortex in vier Hauptlappen (Lobi) unterteilt. Hierzu gehören der Frontallappen, der Parietallappen, der Occipitallappen und der Temporallappen.
Für das Neuromarketing sind jedoch die verschiedenen Funktionsareale im Neokortex bedeutsamer.
Die wichtigsten Bereiche sind folgende:
Der präfrontale Kortex:
Als Verbindungsstelle zwischen emotionalem Wollen und konkreter Umsetzung in Handlungsplannung und Handlung, stellt der präfrontale Kortex eine Art Rechenzentrum dar.
Mit dessen Hilfe wird es ermöglicht, unsere Wünsche mit den Möglichkeiten die unsere Umwelt und Mitmenschen uns zu Verfügung stellen, aufeinander abzustimmen. Der präfrontale Kortex besteht aus zwei größeren Funktionseinheiten und spielt eine wichtige Rolle bei der Kaufentscheidung. Es wird unterschieden zwischen der stark emotionalen (orbitofrontaler und ventromedialer Kortex) und der funktional-rationalen (dorsolateraler, ventrolateraler und frontolateraler Kortex) Funktionseinheit. Ersteres wird dem limbischen System zugeordnet.
Das prämotorische und supplement-motorische Feld:
Entscheidungen werden hier in konkrete (motorische) Handlungsplanungen umgesetzt.
Der primär-motorische Kortex:
Dieser Bereich ist das Bewegungszentrum. Bewegungen werden hier koordiniert und umgesetzt.
Der somatosensorische Kortex:
Die Verarbeitung der Tastsinne erfolgt im somatosensorischem Kortex. Hierzu gehört allerdings auch die Verarbeitung der Hautempfindungen und Empfindungen die aus dem Inneren des Körpers stammen.
Der posterior-parietale Kortex:
Er ist für die Planung und Ausführung zielgerichteter Bewegungen des Körpers bzw. einzelner Gliedmaßen zuständig.
Der visuelle Kortex:
Der visuelle Kortex ist für die visuelle Wahrnehmung verantwortlich.
Der auditive Kortex:
Dieser Funktionsbereich des Neokortex ist für die auditive Wahrnehmung verantwortlich.
Der inferotemporale Kortex:
Komplexe Sinneseindrücke werden hier zu ganzheitlichen Objekten zusammengesetzt und erkannt. Auch bei Unterschieden in der Objektbeleuchtung und bei der Betrachtung aus unterschiedlichen Perspektiven.
Das limbische System (oder auch “The mid brain”/ Zwischenhirn genannt):
Im limbischen System, welches die Macht- und Entscheidungszentrale in unserem Kopf ist, entstehen die Konsum- und Kaufwünsche. Zu diesem werden alle Gehirnstrukturen gezählt die am Prozess der Emotionsverarbeitung beteiligt sind. Zu beachten ist, dass Teile des limbischen Systems auch in den Bereich des Neokortex fallen…
An dieser Stelle sollen nun aber die wichtigsten Bereiche des limbischen Systems kurz betrachtet werden.
Amygdala (auch Mandelkern genannt):
Die Amygdala wird als die zentrale Bewertungsinstanz im limbischen System bezeichnet, welche gleichzeitig auch das Auslösezentrum für unsere Entscheidungen ist. Gleichzeitig ist sie aber auch an der Entstehung und Verarbeitung von Angst beteiligt.
Oribitofrontaler und ventromedialer präfontaler Kortex:
Siehe präfrontaler Kortex
Vorderer (anteriorer ) Gyrus Cinguli:
Als Schnittstelle zwischen emotionalen und kognitiven Strukturen, spielt der vordere Gyrus Cinguli eine wichtige Rolle im Gehirn. Er wird erst dann aktiviert, wenn Emotions-, Motiv- und Kognitionskonflikte auftreten (Erfahrungen/Erwartungen stimmen mit etwas nicht überein). Weiterhin ist der Gyrus Cinguli auch an der Schmerzwahrnehmung beteiligt.
Hippocampus:
Im Hippocampus (= emotionales Lernzentrum) werden Objekt-, Orts- und Situationsmerkmale mit emotionaler Bedeutung verknüpft, welche dann an verschiedenen Stellen im Neocortex abgespeichert und bei Bedarf auch von dort aus wieder abgerufen werden können. Der Hippocampus ist somit die Stelle des Gehirns, die für das Generieren von Erinnerungen zuständig ist.
Wichtig: Für das Lernen von Bewegungen und reinen Fakten ist der Hippocampus nicht zuständig!
Hypothalamus:
Er bewirkt durch die Ausschüttung von Nervenbotenstoffen und Hormonen die Umsetzung von Bewertungen in körperliche Reaktionen. Z.B. die Bewertungen der Amygdala.
Zum limbischen System werden neben den zuvor genannten Bereichen auch das Stammhirn und der Nucleus Accumbens gezählt. Diese sind allerdings in der obigen Abbildung des limbischen Systems nicht zu sehen. Trotzdem möchte ich kurz auf diese zwei Bereiche eingehen. Erstgenanntes ist sozusagen der Ausgangspunkt der Motiv- und Emotionssysteme. Außerdem ist das Stammhirn auch stark an der Aufrechterhaltung des emotionalen und physiologischen Gleichgewichts beteiligt. Der Nucleus Accumbens aktiviert hingegen unsere „Haben-Wollen-Handlungen“ und ist nicht nur Teil des limbischen Systems, sondern auch des Handlungs- und Bewegungsgehirns (= der Basalganglien im Neokortex). Sobald unerwartete und lustvolle Belohnungen aller Art auf uns warten, ist er aktiv bzw. wird der Nucleus Accumbens aktiviert.
Quelle: Häusel, Hans Georg, Brain View, 2008, S. 70, Häusel, Hans Georg (Hrsg.), Neuromarketing, 2008, S. 221-225
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