Genau dies habe ich vor ein paar Tagen am eigenen Leib erleben dürfen. Eigentlich wollte ich nur mal schnell zum Kaufhof und das klassische Ravensburger Memory-Spiel kaufen. Hört sich einfach an, war es aber nicht! In der Spiele-Abteilung angekommen, stand ich vor einem Regal mit folgenden Memory-Varianten:

  • Natur
  • Kunst
  • Zeitreise
  • Cars
  • Wieso Weshalb Warum
  • Tierkinder
  • Planes
  • Bauernhof
  • usw.

Alles was ich wollte, war doch nur das ganz normale Memory-Spiel! War das wirklich so schwer? Ja, das war es! Mehrmals bin ich durch die Abteilung gelaufen, um die klassische Variante zu finden. Leider ohne Erfolg. Also hatte ich mich wider Willens dazu entschlossen, eine andere Memory-Variante zu kaufen. Nun stand ich aber vor diesem Regal mit all den unterschiedlichen Memory-Versionen und wusste partu nicht für welche ich mich entscheiden sollte.

Wo lag das Problem?

Eigentlich sollte man ja meinen, dass ich bei so einer schönen Auswahl an Memory-Spielen eine Variante ganz nach meinem Geschmack finden würde. Doch das Gegenteilige war der Fall. Ich war so überfordert mit dem Angebot, dass ich mich einfach nicht entscheiden konnte. Das Treffen einer Entscheidung wurde für mich zur Qual bzw. ich wurde so darin gehemmt, dass ich schlussendlich sogar lieber auf das Spiel verzichtet und den Heimweg angetreten habe (ich bin mir sicher, dass dies nicht das Ziel der Hersteller war!).

Aber wo lag das Problem? Nun, das Gehirn ist faul und versucht immer den einfacheren Weg zu gehen. Hierzu gehört es, Denkprozesse zu vermeiden, welche dem Körper sehr viel Energie abverlangen. Deshalb bin ich wohl der natürlichen Reaktion meines Gehirns gefolgt, indem ich einfach keine Entscheidung getroffen und mich so der unangenehmen “Denksituation” entzogen habe. Ganz getreu des äußerst bekannten Satzes von Usability-Experte Steve Krug:

“Don’t make me think!”

Zu viel Auswahl ist nicht immer gut!

Dieses Phänomen wurde bereits in zahlreichen Studien untersucht, wie beispielsweise beim 1995 durchgeführten “Marmeladen-Experiment” (bekannt bei allen, die sich mit dieser Thematik etwas näher beschäftigen). So sind deutlich mehr Supermarktbesucher an einem Marmeladen-Stand stehen geblieben und haben einzelne Sorten probiert, wenn die Auswahl von 24 unterschiedlichen Sorten auf nur noch 6 reduziert wurde. Auch der Marmeladen-Verkauf war hier deutlich höher.

Laut Studien kann es bei einem Überangebot von Optionen neben einer hemmenden Wirkung auf die Entscheidungsfindung aber auch zur Unzufriedenheit kommen. Grund hierfür ist, dass wenn wir uns nach langem Hin und Her dann endlich für eine bestimmte Option entschieden haben, wir stets im Hinterkopf haben “Vielleicht wäre Option X doch besser gewesen”.

Doch laut Benjamin Scheibehenne (Forscher an der Universität Basel) ist die Aussage, dass zu viele Optionen hemmend auf (Kauf)Entscheidungen wirken können, etwas überholt und mit Vorsicht zu genießen. So spielen auch noch andere Parameter eine wichtige Rolle:

…might be too simple to conclude that too many choices are bad, just as it is wrong to assume that more choices are always better. It can depend on what information we’re being given as we make those choices, the type of expertise we have to rely on and how much importance we ascribe to each choice.

Was man sich darunter vorstellen kann, schreibt die Autorin Alina Tugend in ihrem Artikel “Too Many Choices: A Problem That Can Paralyze“:

I know this from experience. A while back, I spent a great deal of time trying to decide which company should provide our Internet, phone and television cable service. I was looking at only two alternatives, but the options — cost, length of contract, present and future discounts, quality of service — made the decision inordinately difficult.

This was not only because I wanted to get the best deal, but because the information from the companies was overly complicated and vague. I suspected that both companies were less interested in my welfare than in getting my money — and I didn’t want to be a sucker. This was a problem partly of choice overload — too many options — but also of poor information.

So können sich bereits zwei Optionen aufgrund schlecht aufbereiteter Informationen und fehlendem Fachwissen als große Herausforderung entpuppen.

Lesson learned

Viele Optionen sind nicht immer gut! Weniger Auswahl aber auch nicht. Abhängig ist dies vor allem von bereits vorhandenem Wissen zur Thematik selbst als auch von der Art und Weise, wie die dazugehörigen Informationen aufgebaut sind. Selbst die “Wichtigkeit”, die wir jeder einzelnen Option “zuschreiben”, spielt eine entscheidene Rolle.

Quelle Titelbild: Emilio Labrador, http://www.flickr.com/photos/3059349393/3786855827/



 
 

Über die Autorin

Autorin von ThinkNeuro! ist Olivia Shepherd. Innerhalb ihres Blogs beschäftigt sie sich mit nahezu allen Facetten des Neuromarketings, der Usability sowie der User Experience. Derzeit ist sie als Usability & UX Consultant bei einer Online-Agentur tätig.